Von einer Militärfahne zur Feuerwehrfahne

 

Die Feuerwehrfahne von St.Leon hat einen ganz eigenartigen Ursprung:

Die Fahne wurde im Jahre 1911 für den Militär-Krieger-Verein von St.Leon gestickt, der 1886 gegründet wurde. Dies belegen die beiden Jahreszahlen, welche hinter den jetzigen Jahreszahlen 1895 und 1923 gefunden wurden. Auch der Schriftzug "Militär-Krieger-Verein" wurde hinter dem Schriftzug "Freiw. Feuerwehr" entdeckt.
Anfangs der 20er Jahre wurde dann der Militär-Krieger-Verein aufgelöst, denn 1923 wurde die Fahne schließlich für die Freiwillige Feuerwehr St.Leon umgeändert. Dies geschah in einem Kloster, was aus der Art der verwendeten Stoffe ersichtlich ist.

Die Umarbeitung erfolgte, indem Teile der Ursprungsfahne abgelöst bzw. mit feuerwehrtypischen Zeichen und Schriftzügen belegt wurden.

Auf der roten Samtseite über den Schriftzug "Militär-Krieger-Verein" wurde ein Stoffband mit der Aufschrift "Freiw. Feuerwehr" gestickt.

Was auf der roten Seite der Fahne, in der Mitte hinter dem kreisrunden Stoffaufsatz mit der Aufschrift EINER FÜR ALLE, ALLE FÜR EINEN vor der Änderung war, konnte bei der Restaurierung nicht mehr festgestellt werden.

Am unteren Schriftzug "1895 St.Leon 1923" ist nur noch das Wort St.Leon im ursprünglichen Zustand vorhanden.

Sämtliche Verzierungen auf dieser Seite stammen aber noch von der Ursprungsfahne.

Auf der gelben Seite müssen die Veränderungen noch größer gewesen sein. Es wurde ein komplett neuer gelber Stoff mit Kirchenmusterprägung aufgebracht, wobei die nachträglich angebrachten Stickereien "Blätter" und "Badener Wappen" von der Ursprungsfahne stammen. Diese Teile wurden ausgeschnitten und auf den neuen Stoff wieder aufgestickt. Lediglich der Schriftzug "Gott zur Ehr dem Nächsten zur Wehr" wurde 1923 neu gestickt.

Warum 1923 ein neuer gelber Stoff für die Fahne verwendet wurde, ist nicht bekannt. Es ist aber zu vermuten, daß der alte Stoff beschädigt war.

Der Weg der Fahne nach dem zweiten Weltkrieg

Nachdem die Feuerwehrfahne 1923 für die Feuerwehr St.Leon eingeweiht wurde, "entführte" sie 1945 ein französischer Offizier aus dem St. Leoner Rathaus.

Von da an war die Fahne in St.Leon nicht mehr gesehen.

Nachdem der Offizier verstorben war, so ist zu vermuten, wurde die Fahne von dessen Nachkommen weiterverkauft.

Der erste Hinweis über den Verbleib der Fahne kam dann im September 1997 aus Frankreich von der "Edition et Expertise Antipuitès Historiques et Militaires" in Straßburg. Sie bot uns die Feuerwehrfahne für 1.000,-- DM zum Kauf an.

Der Händler teilte uns mit, daß in Straßburg ein Trödelmarkt stattfindet, wo wir die Fahne zum o.g. Preis erwerben könnten.

So wurde kurzfristig eine Fahrt nach Straßburg organisiert, wo von unserer Feuerwehr die Fahne zum Preis von 900,-- DM gekauft wurde.

Der Händler teilte uns noch mit, daß er die Fahne auf einem Trödelmarkt in Nizza gekauft hatte.

Nachdem sich das "Alte Stück" nun wieder in unserem Eigentum befand, wurde der Rat eines Fachmannes eingeholt. Er stellte fest, daß die Fahne in keinem sehr guten Zustand war.

Wir waren uns aber sofort einig, daß die Fahne als Teil unserer Geschichte erhalten werden mußte. Deshalb wurde die Fahnenstickerei Buri in Würzburg beauftragt, die Restaurierung der Fahne in Angriff zu nehmen.

Dort mußten folgende Arbeiten zum Erhalt der Fahne durchgeführt werden:

Auftrennen der Fahne,

gelbe Seite:

- Herauslösen der sämtlichen Stickereisubstanz aus dem alten Gefüge der gelben Seite

- Übertragen und Einarbeiten der Stickereien auf neuen Viskose-Damast

- Leichtes Überfärben des gelben Untergrundes, um eine dem Alterungsprozeß der Stickereien angemessene Grundpatina zu erreichen.

- Nachbessern der ausgefallenen Stiche

- Übersticken des total in Auflösung begriffenen Wappen

- Einzelnes Übertragen der Schriften

- Fixieren der Schriften mittels Goldkontur

rote Seite:

- Befestigen und neues Umfassen des Mittelteils durch Stickereistrukturen

- Vornehmen von Ausbesserungen in den Stickereien

- Besetzen, Überfassen und Neuabformung des Rahmenbereichs

- Stilgetreues Erneuern und komplettes Einsetzen des oberen Schriftbandes

- Abtrennen der unteren Schrift

- Neuerstellung der unteren Schrift als Kopie in Anlehnung an das alte Erscheinungsbild

- Verbrämen des unteren Schriftbildes mit neuen Borden

Die Arbeiten wurden von der Fahnenstickerei Buri in Würzburg ausgeführt.

 

Anmerkung:

Die Angaben basieren sowohl auf den Feststellungen der Fahnenstickerei Buri bei der Restauration, auf historischen Quellen sowie teilweise auf Vermutungen, die aus vorhandenen Tatsachen geschlußfolgert werden können.

Freiwillige Feuerwehr St.Leon

 

Zusammenstellung:

Manfred Bitz, Ehrenmitglied